Eine theologische Betrachtung von Jüngerschaft
Jüngerschaft. Jünger machen. Jünger sein. In kirchlichen Kreisen werden diese Begriffe häufig verwendet. Aber was bedeuten diese Begriffe überhaupt? Ist Jünger SEIN etwas, das man einfach ist – oder ist es eher etwas Konkretes, das wir tun, also Jünger MACHEN? Um das zu verstehen, macht es Sinn, …
sich Jesu Doppelgebot der Liebe vor Augen zu stellen. Dort sagt er: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Verstand“. Dies ist das höchste und erste Gebot. Das andere aber ist dem gleich: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (Matthäus 22:37-39)
Das christliche Leben – JÜNGERSCHAFT – ist hier durch das WEN und WIE wir LIEBEN beschrieben, einer doppelten Glaubensmatrix: Von der Gottesliebe fließt unsere Liebe zu unserem Nächsten und, weil wir unseren Nächsten lieben, sollen wir natürlich auch uns selbst lieben. Wobei die Reihenfolge hier wichtig ist: Das Christ-Sein ist exzentrisch: Durch den Blick auf Gott – und das Erkennen seiner großen Lieben für die Welt – werden wir aktiv. Wir suchen Christus im Anderen, versuchen, für den anderen Christus aktiv sichtbar zu machen und lieben uns dadurch auch selbst, weil wir aus der Aktion für den Nächsten auch uns selbst als von Gott geliebt erkennen.
Aber was bedeutet nun LIEBEN? Ist es ein Gefühl? Ist es eine aktive Handlung? Jesu Definition von Liebe ist in der zweiten Glaubensmatrix hier verpackt: Das Lieben passiert durch das ganze Herz, die ganze Seele und den ganzen Verstand. Hierbei ist zu beachten, dass die Seele in dieser Analogie als Sitz der Gefühle gedacht ist. Das heißt, dass LIEBE selbstverständlich auch schöne Gefühle beinhaltet. Jesus erwähnt allerdings zwei weitere Ebenen: den Verstand, also das DENKEN und das Herz, also das WOLLEN.
Jüngerschaft beinhaltet daher immer auch das Nachdenken: Erstens, das theologisch-philosophische Reflektieren über Gott und seine Welt (aus Liebe zu Gott). Zweitens, das Nachdenken über die Fragen unserer Mitmenschen und ihre Sorgen, das aus unserem Nachdenken über Gott und seine Welt fließen sollte (daher hat unsere Theologie immer auch Auswirkung auf unsere Praxis). Drittens das Nachdenken über unsere eigenen Fragen und unsere eigene Neugier. Im Zentrum der Jüngerschaft steht dann allerdings das Herz, der Sitz unseres WOLLENS und damit unserer Entscheidungen. Hier stellt sich die Frage, welche Vision vom guten Leben wir lieben.
Spannend ist, dass Jesus genau an diesem Punkt am Beginn unserer Jüngerschaft ansetzt, wenn es in der Bibel heißt, dass er uns ein neues Herz gibt: Er transformiert zuerst durch den Glauben unsere Vision des guten Lebens. Aus dieser Transformation folgt, dass wir nun Stück für Stück, Schritt für Schritt, lernen, NEU zu WOLLEN, NEU zu DENKEN und letztlich auch NEU zu FÜHLEN. Eine Verwandlung, die in diesem Leben niemals abgeschlossen sein wird und doch jeden Tag unsere LIEBE zu GOTT, zum NÄCHSTEN und zu uns SELBST ganz praktisch verändert. Wir WERDEN langsam zu den Jüngern, die wir NOCH NICHT SIND, während wir als Jünger bereits LEBEN, die nun aus Nächstenliebe Jünger MACHEN.
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verfasst von Gernot Zeilinger, Leiter von Profundum